Über diesen Text habe ich sehr lange gegrübelt und ich habe das Gefühl, das Thema an sich bekommt nicht so viel Raum. Dennoch ist er nur eine Ansammlung meiner Gedanken und definitiv als Impuls zu sehen, wie so viele Texte in diesem Monat.
Was bedeutet Gesundheit für uns als Menschen mit chronischer Krankheit?
Immer wieder sehe und lese ich, wie kranke oder be_hinderte Menschen als Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Das wird durch unsere Gesundheits-Besessenheit nur noch weiter in die Höhe getrieben. Das Nonplusultra ist und bleibt Gesundheit. Aber was bedeutet Gesundheit eigentlich? Wann ist man gesund, und wann krank?
Einen großen Teil meines Tages würde ich von mir behaupten, dass ich gesund bin, obwohl ich eine chronische Krankheit habe. Im Gegensatz dazu werde ich allerdings jedes Mal kurz traurig, wenn ich irgendwo lese oder höre, dass Gesundheit unser wichtigstes Gut sei, weil ich weiß, dass ich vermutlich niemals ohne chronische Krankheit(en) leben werde. Ich habe das Gefühl mit Diabetes immer irgendwo zwischen den Stühlen zu stehen. An manchen Tagen fühle ich mich wirklich nicht gesund. An anderen tritt der Diabetes weit genug in den Hintergrund und ich fühle mich ganz "gesund", wie vor meiner Diagnose 2013.
Wenn mir jemand "Gesundheit" wünscht, dann bedanke ich mich und sage nicht, "ich bin leider für immer krank". Wenn ich ans krank sein denke, dann denke ich zuallererst daran, wie ich mit Erkältung im Bett liege und huste. Niemals an meinen Diabetes. Und trotzdem - ich bin nicht 100% gesund. Aber wer ist eigentlich das schon?
Warum sind wir heutzutage so besessen von Gesundheit?
Es gibt healthy food, healthy fitness, healthy lifestyle, healthy dies, healthy das. Vermutlich sind wir so besessen davon, weil viele Menschen es einfach nicht mehr sind oder sein können, auf Grund von Arbeit und Stress. Und weil wir dennoch so unbedingt nach immer größerer Optimierung streben - ein Kind des Kapitalismus. Gesundheit ist mittlerweile schon zur Ware geworden. Wir können uns - vermeintliche - Gesundheit kaufen. Was bedeutet es, wenn Gesundheit zur Ware geworden ist, für eine kranke Person?
Wenn ich jemandem ohne Diabetes sage, dass ich krank bin, höre ich oft ein "Ach Quatsch, du bist nicht krank!" - das ist schlichtweg ein Unsichtbarmachen meiner Erkrankung und meiner Erfahrungen. Vielleicht müssen wir unser ganz allgemeines Verständnis von Gesundheit kollektiv überdenken und erweitern. Dann würden vielleicht Menschen mit chronischen Erkrankungen weniger diskriminiert werden innerhalb unserer Gesellschaft und hätten insgesamt weniger Druck, so leisten zu müssen wie Menschen ohne chronische Erkrankungen.
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