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Montag, 18. September 2017

Diabetes oder ein nächtlicher Heimweg zu Fuß

Hallo zusammen!
Bevor ich mich thematisch mit einigen Texten dem EASD in Lissabon widmen werde, möchte ich euch noch kurz von einer anderen Begebenheit erzählen.

Vor einigen Tagen bin ich mit ein paar Freundinnen spät abends zur S-Bahn-Station gelaufen. Eigentlich rechnete ich damit, diesen Weg alleine zu bestreiten, aber weil die Station für alle anderen auch irgendwie passend war, sind wir zusammen gegangen. So etwas freut mich immer. Auch, wenn ich mein wirklich schnelles Gangtempo etwas runterfahren muss, aber hey, zumindest muss ich nicht nachts allein zur S-Bahn gehen und habe tolle Begleitung. So oft passiert das nämlich leider nicht. Ich habe mich inzwischen daran gewöhnt, an solchen Abenden allein zur S-Bahn, allein nach Hause zu laufen, weil ich meistens in genau der anderen Richtung wohne. Auch wenn es nie Spaß macht und ich mich eigentlich nie ganz wohl dabei fühle - ich habe keine andere Wahl.

An diesem einen Abend hatte ich also ausnahmsweise großartige Begleitung auf dem Weg zur S-Bahn-Station. Als wir fast an besagter Station waren, mussten wir durch eine relativ dunkle Straße mit vielen Büschen und Zäunen, und eine meiner Freundinnen sagte: "Und HIER wärst du wirklich alleine lang gelaufen, Tine?". Ja, wäre ich. Wie schon gesagt, ich habe ja keine andere Wahl. Oft muss ich den Heimweg einfach allein antreten und auch, wenn es nie toll ist, hab ich mich inzwischen gezwungenermaßen daran gewöhnt.


Und ich begann nachzudenken. Über meine Krankheit und mich. Auch mit dem Diabetes ist es irgendwie so wie mit dem nächtlichen Heimweg. Manchmal habe ich ganz großartige Begleitung, mit der es Spaß macht, den dunklen, anstrengenden Weg zu gehen, aber sie ist nie selbstverständlich für mich. Sei es nun von meiner großartigen Diabetesberaterin und meiner Diabetologin, wenn ich Praxistermine habe. Oder von meinen Freunden, die sich auch mit ihrem Diabetes herumschlagen müssen und genau verstehen, wie es mir in einigen Situationen geht, weil sie es genau kennen. Oder von Familie, Partner und Freunden ohne Diabetes, die sich wegen mir mit mir und der Krankheit beschäftigen und mir immer zur Seite stehen, komme, was wolle. 
Am Ende des Tages muss ich aber doch ganz alleine mit meiner Krankheit klarkommen und mich gut um mich selbst kümmern. Ich muss selbst berechnen, wie viel Insulin ich mir spritzen muss und bin für meine Mahlzeiten, meine Bewegung, meinen Alltagsstress und meine Werte größtenteils selbst zuständig. Ich muss mich mit meiner Krankheit gut auskennen. Schnell kann es gefährlich werden. Oft zum Glück einfach nur nerven. Und viel im Kopf anrichten. Deshalb ist es umso schöner, wenn man den Weg ab und an in Begleitung gehen kann oder zumindest weiß, dass da immer jemand am Weg steht, falls man eine Hand braucht. Danke dafür - ihr wisst, wer ihr seid!

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