Mittwoch, 27. November 2019

Tag 27 - Du musst gar nichts!

Nur zwei Wochen nach meiner Diagnose 2013 begann ich mit dem bloggen. Über den Diabetes zu schreiben ist Teil meines Lebens geworden, ja, sogar Aspekt meines Diabetes selbst. In den letzten sechseinhalb Jahren habe ich sehr häufig meinen Blog als Mülleimer benutzt. Als Ort für Gedanken und als Ort des Austausches. Ein Platz zum fragen nach, finden und sammeln von Erfahrungen, Wissen und Informationen.

Auch um die Therapie selbst ging es immer wieder. Was könnten Neuerungen innerhalb der Therapie sein? Welche neuen Geräte, Medikamente oder Therapieansätze gibt es? Immer wieder durfte ich Dinge testen, ausprobieren und meine persönliche Meinung dazu preisgeben.

Ich kann verstehen, wenn der Blick von außen auf die Diabetes-Community und die Menschen innerhalb der Community überfordernd sein kann. Ständig gibt es News und den neuen heißen Scheiß. Man sieht, was andere haben und wie gut es für sie funktioniert. Und vor allem mit welcher Leichtigkeit schnell und häufig zwischen Geräten und Therapieformen hin- und hergewechselt wird. Da kann schnell ein Gefühl von „Ich komm nicht mehr hinterher“, oder „ist meine Therapie überhaupt gut genug, wenn ich Gerät X oder Y nicht auch benutze?“ aufkommen.

Dazu sag ich: Du musst gar nichts!

Überraschung: Diabetes und die Personen, die Diabetes haben, sind alle anders und haben individuelle Bedürfnisse. Niemand muss irgendwas. Und schon gar nicht in der Geschwindigkeit, in der es häufig auf Social Media präsentiert wird. Ich wünsche mir, dass wir uns da alle weniger Druck machen. Klar, suchen wir alle nach der Nonplusultralösung. Aber es ist auch vollkommen okay, erstmal bei dem, was funktioniert, zu bleiben. Sei es, weil es schlichtweg einfach funktioniert oder weil man vielleicht auch nicht die Kapzitäten hat, was zu verändern.

x

Dienstag, 26. November 2019

Tag 26 - Arbeit!

Essen gehört zu meinem Job. Ihr habt richtig gelesen. Mein neuer Job bringt ganz schön viele ungewohnte Dinge in mein Leben. Essen gehört nun also tatsächlich zu meinem Job. Und nicht nur das - auch wenn ich gerade nicht arbeite, gibt es dort in der Küche immer ganz schön viel zu snacken und zu kauen. Das ist toll - aber auch anstrengend.

Für wen? Für mich und den Blutzucker natürlich! Schließlich sind wir hier immer noch auf einem Diabetesblog. Denken wir mal kurz darüber nach, macht es auch total Sinn: Wenn ich den ganzen Tag über immer wieder mal hier und mal da snacke, dann habe ich - ganz klar - auch permanent damit zu tun, meine Werte zu beobachten. 

Das klappt mal besser, mal schlechter. Aktuell ordne ich das als "ich muss meine Routinen noch finden" ein. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich das alles noch einpendeln wird und ich das ganze Büroessen in Kombination mit Sitzen und Denken allgemein besser einschätzen kann. Kommt alles mit der Zeit! Fragt mich in ein paar Wochen nochmal, bitte!

Und in der Zwischenzeit esse und snacke ich weiter. Was ich nicht mehr schaffe, dürfen meine Kolleg_innen übernehmen!

Bis morgen! (Heute nur kurz. Wieso ausgerechnet die letzte Novemberwoche purer Stress ist, weiß ich auch nicht genau! Ahhhh!)


Montag, 25. November 2019

Tag 25 - Gesundheit!

Über diesen Text habe ich sehr lange gegrübelt und ich habe das Gefühl, das Thema an sich bekommt nicht so viel Raum. Dennoch ist er nur eine Ansammlung meiner Gedanken und definitiv als Impuls zu sehen, wie so viele Texte in diesem Monat.

Was bedeutet Gesundheit für uns als Menschen mit chronischer Krankheit? 

Immer wieder sehe und lese ich, wie kranke oder be_hinderte Menschen als Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Das wird durch unsere Gesundheits-Besessenheit nur noch weiter in die Höhe getrieben. Das Nonplusultra ist und bleibt Gesundheit. Aber was bedeutet Gesundheit eigentlich? Wann ist man gesund, und wann krank?

Einen großen Teil meines Tages würde ich von mir behaupten, dass ich gesund bin, obwohl ich eine chronische Krankheit habe. Im Gegensatz dazu werde ich allerdings jedes Mal kurz traurig, wenn ich irgendwo lese oder höre, dass Gesundheit unser wichtigstes Gut sei, weil ich weiß, dass ich vermutlich niemals ohne chronische Krankheit(en) leben werde. Ich habe das Gefühl mit Diabetes immer irgendwo zwischen den Stühlen zu stehen. An manchen Tagen fühle ich mich wirklich nicht gesund. An anderen tritt der Diabetes weit genug in den Hintergrund und ich fühle mich ganz "gesund", wie vor meiner Diagnose 2013.

Wenn mir jemand "Gesundheit" wünscht, dann bedanke ich mich und sage nicht, "ich bin leider für immer krank". Wenn ich ans krank sein denke, dann denke ich zuallererst daran, wie ich mit Erkältung im Bett liege und huste. Niemals an meinen Diabetes. Und trotzdem - ich bin nicht 100% gesund. Aber wer ist eigentlich das schon?

Warum sind wir heutzutage so besessen von Gesundheit?

Es gibt healthy food, healthy fitness, healthy lifestyle, healthy dies, healthy das. Vermutlich sind wir so besessen davon, weil viele Menschen es einfach nicht mehr sind oder sein können, auf Grund von Arbeit und Stress. Und weil wir dennoch so unbedingt nach immer größerer Optimierung streben - ein Kind des Kapitalismus. Gesundheit ist mittlerweile schon zur Ware geworden. Wir können uns - vermeintliche - Gesundheit kaufen. Was bedeutet es, wenn Gesundheit zur Ware geworden ist, für eine kranke Person?

Wenn ich jemandem ohne Diabetes sage, dass ich krank bin, höre ich oft ein "Ach Quatsch, du bist nicht krank!" - das ist schlichtweg ein Unsichtbarmachen meiner Erkrankung und meiner Erfahrungen. Vielleicht müssen wir unser ganz allgemeines Verständnis von Gesundheit kollektiv überdenken und erweitern. Dann würden vielleicht Menschen mit chronischen Erkrankungen weniger diskriminiert werden innerhalb unserer Gesellschaft und hätten insgesamt weniger Druck, so leisten zu müssen wie Menschen ohne chronische Erkrankungen.