Es tut wahnsinnig gut, Menschen kennen zu lernen, die Typ-1-Diabetes haben. Die verstehen einen einfach noch besser als jeder andere gesunde Mensch, dem man eben immer und immer wieder nur erklären kann, wie es sich anfühlt, der es aber nie wirklich exakt nachfühlen kann. Das ist wie Menschen treffen, die die gleiche Sehschwäche haben, nur seltener.
Letzte Woche bemerkte ich mal wieder eine Frau, der ich auf Twitter folgte, in meiner Timeline. Sie lag im Krankenhaus mit dem Verdacht auf Typ 1. Ich schrieb ihr direkt und wir tauschen uns seit dem aus. Sie kann mir Fragen stellen, ich beantworte sie. Sie kann mir von ihren Erlebnissen berichten und ich denke nochmal zurück an meine eigenen ersten Wochen mit Diabetes. Ein wirklich komisches Gefühl macht sich seitdem in meinem Bauch breit und zieht alles in mir zusammen. Ein Gefühl, welches mir Tränen in die Augen treibt, während ich diese Zeilen schreibe.
In den letzten 3 1/4 Jahren habe ich enorm viele Menschen mit Typ-1-Diabetes kennen lernen dürfen. Ich verstehe das als absolutes Privileg. Viele von ihnen traf ich erstmal nur online, einige dann tatsächlich auch in der "echten" Welt, nur wenige davon mehrfach. Einige wenige auserwählte nenne ich heute Freunde. Denn nur, weil wir alle Typ-1-Diabetes haben, müssen wir uns nicht vorspielen, dass wir deswegen alle auch automatisch sofort Freunde sind.
Jetzt mal ernsthaft
Ich bin auch nicht mit jedem direkt gut befreundet, der Essen liebt. Oder der einfach nur da ist, so wie ich. Wenn es so einfach wäre, hätte jeder von uns tausende Freunde an der Backe. Freundschaft ist für mich aber etwas Tieferes. Wenn wir befreundet sind, helfe ich dir aus der Scheiße. Ich biete dir Tag und nacht mein Ohr an und heule dir die Ohren voll. Ein geben und nehmen. Ich koche alles für dich, ich bringe dir Kekse mit, oder Blumen. Ich lache und weine mit dir und ich will Dinge aus deinem Alltag erfahren und mit dir in Kontakt sein. Regelmäßig sehen müssen wir uns dafür nicht. So weit kommen allerdings nur wenige. Manche davon haben Typ 1. Andere nicht. Aber eigentlich ist das egal. Denn ein gemeinsamer Typ 1 ist kein Garant für eine funktionierende Freundschaft.
Und nur, weil wir die gleiche chronische Krankheit haben und einander in dieser Hinsicht gut verstehen, heißt das nicht, dass wir automatisch Freunde sein müssen.
Inzwischen kann ich ganz gut unterscheiden, was echte Freundschaft ist und was nicht. Das hat Jahre gedauert. Und auch, wenn es mir immer wieder schwer fällt, zu akzeptieren, dass jemand, den ich für einen potentiellen Freund gehalten habe, dies vielleicht doch nicht ist, akzeptiere ich es inzwischen und schraube einen Gang zurück. Umso stärker wiegen die Freundschaften, die wirklich echt sind und es auch über längere Zeit aushalten, Freundschaft zu bleiben.
Alles andere ist und bleibt Austausch mit Gleichgesinnten. Realistisch bleiben. Nur weil wir auf Facebook befreundet sind, sind wir noch lange keine Freunde. Und wo keine Freundschaft ist, muss man sich keine schauspielern.
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